EUvsVIRUS Hackathon – Wie komme ich zu schnellen Prototypen?

EUvsVIRUS Hackathon – Wie komme ich zu schnellen Prototypen?

Letztes Wochenende war ich beim virtuellen Innovations-Hackathon EUvsVIRUS als Mentor für Teams in ganz Europa dabei. Es ging darum, Lösungen für die COVID19 Problematik auf verschiedenen Ebenen zu finden. Wir waren im Rahmen der Challenge „Business Continuity – New and resilient business models“ eingesetzt. Insgesamt war es eine beeindruckende Erfahrung für mich, nicht zuletzt durch die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte. Am Donnerstag wurden die Gewinner bekannt gegeben. Ich habe mich sehr gefreut, dass eins der betreuten Projekte den 2. Preis in unserer Kategorie gewonnen hat. Mit den Verantwortlichen von sostenibl.es bleibe ich im Kontakt, da dies wie viele der Projekte nicht nur eine kurzfristige Hilfe wegen des Virus ist. Es ist vielmehr ein wertvoller Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und besserer Vernetzung wie einige der anderen Projekte. Hier gibt es eine Liste der erarbeiteten Lösungen.

Die Herausforderungen in der Koordination

Die Dimension insgesamt ist beeindruckend. 20.900 Teilnehmer mit 2150 Einreichungen in 37 Challenges (in unserer allein waren es 130 Teams) waren angetreten. Mehr als 2600 Mentoren standen ehrenamtlich zur Verfügung, um die Teams zu unterstützen. Eine ganz andere Herausforderung als bei den InnoDays im April. Wir führten das Mentoring als 2er Teams durch, so dass wir 19 Teams zugewiesen bekamen. Das bedeutete, dass wir uns in kürzester Zeit in die Aufgabenstellungen der Teams einarbeiten mussten. Die erste Checkpoint-Session war dank meiner Co-Mentorin Svetlana Jefimova perfekt durchgetaktet. 5 Minuten hatten wir pro Team, um die grundlegende Idee zu prüfen und Feedback dazu zu geben.

Die Tools, die von unserem sympathischen Organisationsteam effiziernt eingesetzt wurden, halfen uns dabei. Slack wurde generell als Tool zum schnellen Informationsaustausch genutzt, geteilte Dokumente über Airtable. Mit der Vielzahl an Kanälen umzugehen bot mir die Chance, mit schnell mit den Möglichkeiten und Restriktionen dieser Plattform auseinanderzusetzen. Die Video-Konferenzen liefen über Zoom reibunglos. So konnten wir mit den in Europa  verteilten Teams gut kommunizieren. Am meisten half jedoch das Vertrauen, das wir den Teams und die Teams uns entgegen brachten.

Erfolgsfaktoren für den Hackathon

48 Stunden von der Idee zum Prototyp – eine große Herausforderung. Die Ideen der meisten Teams waren sehr gut, 5 Faktoren waren aus meiner Sicht für den Erfolg sehr wertvoll:

  • Motivation und Ergebnisorientierung des Teams
  • Schnelles Teambuilding – sich aufeinander einlassen
  • Konstruktiver Umgang mit Feedback
  • Validierung der Ergebnisse mit Anwendern
  • Fokussieren auf einen Bereich und erstellen eines echten Prototyps

Ein Team war durch den Arbeitgeber (eine Universität) angemeldet worden, nach ersten Problemen wurde das Projekt schnell beendet. Während bei einem anderen motivierten Team das Scheitern der Idee (aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen) dazu führte, das schnell ein neues Konzept erarbeitet und umgesetzt wurde.

Einige Teams hatten bereits zusammen gearbeitet, entweder mit eigener Lösung (www.subaj.io oder www.clickoala.com), andere sich in Hackathons international oder national bereits gefunden. Diese nutzten konkret das erweiterte Netzwerk und Anregungen der Mentoren, um sich weiter zu entwickeln. Weitere bildeten ihr Team und investierten die Zeit, Menschen einzubinden.  Insbesondere Feedfarms, die das Problem von fehlenden Arbeitskräften und schlechter Bedingungen für diese in der Landwirtschaft angehen, war ein Beispiel dafür. Die Investition in den Aufbau des Teams am ersten Tag zahlte sich mit einem guten Ergebnis am 2. Tag aus.

Das Feedback von Mentoren und potenziellen Nutzern

Als Mentor ist es nicht immer leicht, die richtige Kommunikation zu finden. Wir kannten die Menschen nicht und waren positiv überrascht von der Offenheit, mit denen einige Teams unsere Anregungen umsetzten. Nicht nur bei den Abschluss-Pitches und Videos waren wir begeistert, wie unsere Punkte aufgenommen wurden. Das Coreise Team gab uns schon am Sonntag die Möglichkeit, eine geführte Tour in Kopenhagen als Teilnehmer mitzumachen – nachdem wir dies am Samstag nachmittag angeregt hatten. Neben dem Motivationsschub durch einen Event mit knapp 30 Teilnehmern war auch das Feedback zu den Punkten, die noch nicht funktioniert haben oder als Potenzial erkannt wurden, sehr wertvoll.

Dabei zeigt sich, wie wichtig die Validierung ist. Nicht auf die gesamte Lösung fokussieren sondern schnell mit potenziellen Kunden sprechen, ob diese mit der Software (darum ging es in den meisten Fällen) arbeiten würden, war entscheidend. Das Team vom Digital Care Package, die eine Online-Hilfe mit Chatbot für Kleinunternehmer entwickelt haben, nutzte ihre lokale Friseurin und lernte, nicht auf dem eigenen Wissen aufzusetzen, das teils weit über dem der Anwender liegt.

Fokus auf eine erste Lösung

Im agilen Arbeitsumfeld wird mit Design Thinking oder Lean Startup-Ansätzen nach sogenannten MVP gesucht – Minimum Viable Products, mit denen man schnell lernen kann, ob die eigene Lösung nutzbar ist und wie die Anwender damit umgehen. Klickbare Prototypen oder tatsächliche Programme sind sehr wertvoll – wer in den 2 Tagen allerdings versucht, alle gewünschten Funktionalitäten umzusetzen, wird wohl scheitern. Die Definition eines Anwendungsfalls (Use Cases) und das Durchspielen dieses ist wertvoller als ein breites Spektrum angefangener Lösungen.

Ein gutes Beispiel ist der https://clickoala.com/wizard/, der es nachhaltigen Unternehmen ermöglicht, die eigenen Produkte online besser an nachhaltige Klientel zu verkaufen. Weitere Beispiele, wie sich die Teilnehmer auf Lösungen konzentriert haben, finden sich in den unten genannten Beispielen der Teams. Insbesondere für die kurzen, 2-minütigen Pitches, war diese Konzentration und Fokussierung sehr wertvoll. So erfährt man schnell, um was es den Teilnehmern geht.

Die von uns betreuten Projekte

Von einigen Projekten habe ich bereits gesprochen. Ich betrachte die Ideen auch immer unter dem Aspekt Nachhaltigkeit und Potenzial zur Gestaltung von lokalen Kreisläufen. Viele Lösungen können die Lösungen darauf einzahlen:

Lokale Anbieter stärken:

  • es ermöglicht es organischen Farmern, direkt an die Endkunden zu verkaufen – sie übernehmen die Transportkosten für die Endkunden.
  • ClicKoala nutzt die Plattform für nachhaltige Produkte und Labels, und erleichtert es Herstellern, die eigenen zertifizierten Produkte dort einzustellen.
  • Mit Covexit können lokale Unternehmen leicht ihre Produkte online sichtbar machen.
  • Subaj und Daily Live machen das Kauferlebnis persönlicher. Durch Live-Streaming aus dem eigenen Geschäft oder Kampagnen von Unternehmen aus dem direkten Umfeld erlauben wird das Kauferlebnis weniger anonym.

Bessere (Zusammen-)Arbeit

  • Feedfarms bringt Saison-Arbeitskräfte in der Landwirtschaft mit Farmern zusammen – und liefert für beide Seiten höhere Sicherheit und Qualität in der Zusammenarbeit.
  • Racetomillion macht es für Hersteller von Zwischenprodukten leichter, mit dem Produkthersteller zusammenzuarbeiten – und liefert eine Transparenz über die Inhalte von insbesondere 3D-gefertigten Produkten.
  • Re-Sourcing greift Bewertungen für Berufe auf, die oft über persönliche Empfehlungen gefunden werden – liefert Arbeitgebern mehr Sicherheit und Arbeitskräften eine bessere Sichtbarkeit.

Neue Lösungen barrierefreier anbieten

  • Mobility 2 consumer macht die Mobilität in ländlichen Gegenden leichter, indem der ÖPNV an die Benutzer angebunden und flexibilisiert wird.
  • Virtualtour ermöglicht über Virtual Reality das detaillierte und selbstbestimmte Kennenlernen von Orten, an die man aufgrund Entfernung oder anderer Einschränkungen nicht physisch vor Ort sein kann.
  • Coreise gibt Tourguides die Chance, Reiseziele auch Menschen vorzustellen, die nicht physisch dorthin reisen können oder wollen. Und ermöglicht trotzdem den direkten Kontakt und die Möglichkeit für Interaktion.

Wie geht es weiter?

Ob all diese Lösungen final entwickelt werden, ist noch nicht klar. Die Ideen stehen jedoch zur Verfügung und können weiterentwickelt werden. Wer Kontakt zu den Teams benötigt kann sich gern an mich wenden. Wenn Sie selbst Innovationen entwickeln möchten, aber kein eigenes Team dafür haben, dann schaue ich gern mit Ihnen nach Möglichkeiten. Ein interner Hackathon in der eigenen Organisation, mit Partnern oder in der lokalen Community ist als Startpunkt ebenfalls denkbar. Partner, die sich auf den Innovations-Prozess konzentrieren, habe ich in meinem Netzwerk.

Für das Thema Circular Economy gibt es die nächste konkrete Möglichkeit schon sehr bald. Vom 13.-15. Mai bin ich als Lead Mentor bei den InnoDays Wien dabei. Dort geht es um den Schwerpunkt Circular Plastics. Ich freue mich auf die nächsten spannenden Ideen.