„Greenwashing“-Vorwurf trifft oft die Falschen

„Greenwashing“-Vorwurf trifft oft die Falschen

Ich bin in verschiedenen Netzwerken aktiv, bei denen es um nachhaltiges Wirtschaften geht. Ob bei den Gemeinwohlökonomie Beratern oder der Regionalgruppe Wien, in verschiedenen Circular Economy Netzwerken wie dem Circular Economy Club, der Cradle to Cradle NGO, der Experts Group der CSR Consultants oder der Grünen Wirtschaft. Den Austausch auf den verschiedenen Ebenen schätze ich sehr, oft kommt man auch mit weiteren Nachhaltigkeits-Initiativen in Kontakt. Wir sind uns alle einig, dass bisher noch viel zu wenig in Richtung Nachhaltigkeit gedacht und investiert wird. Wenn dann jedoch manche Aktionen schnell als „Greenwashing“ bezeichnet werden, ärgere ich mich. Denn ich glaube, dass dieser Begriff keinem weiterhilft, im Gegenteil nur Schaden anrichtet.

Was ist „Greenwashing“?

Greenwashing „bezeichnet den Versuch von Unternehmen, durch Marketing- und PR-Maßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne allerdings entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Wertschöpfung zu implementieren“, entnehme ich dem Wirtschaftslexikon. Das wäre definitiv verwerflich, und ich verstehe den Ärger von nachhaltig denkenden Menschen. Ich bekomme diesen Eindruck bei manchen Werbemaßnahmen, allerdings maße ich mir nicht an, dies ohne tieferen Einblick ins Unternehmen als Vorwurf zu nutzen.

Denn oft wird eine Aktion als Greenwashing bezeichnet, wenn das Unternehmen per se nicht als nachhaltig angesehen wird. Aber wo machen wir da die Grenze? Wäre es nicht besser, den potenziellen Kunden zu zeigen, worauf sie bei der Auswahl der Produkte achten sollen statt etwas pauschal als „schlecht“ zu beurteilen. Es kommt mir oft so vor, als wollten die „nachhaltigen“ Menschen sich abgrenzen von den „nicht nachhaltigen“, im Sinne von den „Guten“ und den „Bösen“.

Was soll der Vorwurf bringen?

Was möchte ein Mensch, der ein Unternehmen des „Greenwashings“ bezeichnet, erreichen? Mein Verständnis ist: Er möchte andere darauf hinweisen, dass es das Unternehmen nicht ernst mit den Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit meint. Und vermutlich das Unternehmen selbst angreifen und darauf hinweisen, dass die Schritte nicht ausreichend sind.

Was erreicht er damit? Er bekommt vermutlich Zustimmung von einigen ebenfalls nachhaltig denkenden Menschen, die das Unternehmen generell als nicht nachhaltig betrachten. Diese Zustimmung hätte man auch ohne das „an den Pranger stellen“ erreichen können. Und er bekommt Aufmerksamkeit, weil er einer der „Guten“ ist, der die „bösen Machenschaften“ aufdeckt. Wenn das der Hauptgrund für den Angriff ist, dann ist das ok. Ob das zu mehr Nachhaltigkeit verhilft, sei dahingestellt. Den größeren Effekt hätte es aus meiner Sicht, wenn ich das Unternehmen zu mehr / weiteren nachhaltigen Maßnahmen bewegen kann.

Warum trifft es die falschen Menschen?

Oft trifft der Greenwashing-Vorwurf die falschen Menschen. Diejenigen, die den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit im Unterehmen vorantreiben wollen. Denn schauen wir uns das Unternehmen an, das etwas Nachhaltiges gemacht oder kommuniziert hat, in vielen anderen Bereichen jedoch nicht nachhaltig agiert. Wie sind die nachhaltigen Aktionen zustande gekommen? Da könnte man 2 Fälle unterscheiden.

  1. Es war eine bewusste Maßnahme zu neuen nachhaltigen Produkten oder Vorgehensweisen. Es gab also einzelne Menschen, teils auf der Entscheiderebene, die diese Maßnahme, vermutlich gegen Widerstände durchgesetzt haben. Sie waren froh, dass sie diesen ersten Schritt zu einem nachhaltigen Verhalten erreicht haben, denn sie wollten bei den „Guten“, nicht bei den „Bösen“ (Umweltzerstörern) sein. Jetzt wird ihnen von außen vorgeworfen, es nicht ernst zu meinen. Von innen heißt es „seht ihr, das bringt doch eh nichts“. Erwarten wir, dass diese Menschen die nächsten nachhaltigen Ideen im Unternehmen einbringen?
  2. Es war eine Maßnahme aus Marketing-Aspekten, um das Unternehmen besser aussehen zu lassen. Die Angriffe prallen weitgehend ab, weil es keiner ernst gemeint hat. Die „Fans“ des Unternehmens lassen sich davon nicht abschrecken, alle anderen werden jede zukünftige Aktion in Richtung Nachhaltigkeit sehr kritisch beobachten. Führt das dazu, dass das Unternehmen nachhaltiger wird?

Welcher Weg wäre besser?

Wenn unser Ziel ist, dass das Unternehmen nachhaltiger wird, sollte der Weg anders sein. „Holding to account“, also nehmen wir das Unternehmen beim Wort. Bewerten wir die ersten Schritte positiv und bestärken diejenigen, die diese Änderungen eingebracht haben. Weisen wir darauf hin, was noch erforderlich ist, um nachhaltiger zu werden. Bieten wir Hilfe an. Das wären Schritte, mit denen wir wesentlich eher zum Ziel kommen können. Natürlich nur dann, wenn unser Ziel ist, Nachhaltigkeit zu erreichen. Und nicht, Aufmerksamkeit zu bekommen. Denn aus der Motivationstheorie ist weitgehend bekannt, dass bestrafen nicht nachhaltig motiviert und positive Verhaltensweisen fördert. Es führt zu defensivem Verhalten und sorgt dafür, die Bestrafung abzuwenden. Nur wenn man Glück hat, wird positives Verhalten gefördert.

Warum belohnen wir nicht die Unternehmen für die Schritte, die sie zu mehr Nachhaltigkeit gehen? Warum ermutigen wir nicht diejenigen im Unternehmen, die neue, nachhaltige Ideen haben? Wir helfen gern jedem Unternehmen, dass es ernst meint mit der Transformation und unsere Vision einer Welt ohne Verschwendung teilt. Egal wie weit man schon ist. Denn das Schwierigste ist oft das „Aufbrechen“, also die ersten Schritte zu gehen. Sprechen Sie uns an für den Sense-Check ist ein ca. 30-minütiges Gespräch, in dem wir ein gemeinsames Verständnis für die nächsten Schritte entwickeln.